Sichere Identitäten fürs Quantencomputer-Zeitalter

Ein Artikel von red | 07.02.2023 - 16:00

Um eine größere Akzeptanz für die Digitalisierung von Dienstleistungen und Geschäftsprozessen in der Gesellschaft zu erreichen, müssen benutzerfreundliche, zuverlässige und die Privatsphäre schützende Verfahren etabliert werden. Im Projekt "Sichere Quantenkommunikation für Kritische Identity Access Management Infrastrukturen" (Quant-ID) forschen deshalb das Start-up Quant-X Security & Coding, das Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS, der Verschlüsselungsspezialist MTG sowie die Universität Regensburg gemeinsam an verlässlichen digitalen Identitäten. Die Verwendung von aktuell genutzten Netzwerkprotokollen soll hierbei den Übergang von klassischen Verschlüsselungsalgorithmen zu quantensicheren Verfahren erleichtern. Abweichend vom ursprünglichen physikalischen Begriff bezeichnet Quantensicherheit dabei hier den Schutz gegen Angriffe durch Quantencomputer.

Quantensicheres IAM anvisiert

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© Fraunhofer IPMS

"Unser Ziel ist die Entwicklung einer quantensicheren Autorisierung von Nutzern in einer IAM-Architektur (Identity Access Management) unter Zuhilfenahme von Quantenzufallszahlen und Post-Quanten-Kryptographie", erklärt Dr. Alexander Noack, Gruppenleiter am Fraunhofer IPMS. Unter Post-Quanten-Kryptographie (engl. Post Quantum Cryptography, kurz PQC) werden kryptographische Algorithmen verstanden, die zwar auf klassischer Hardware verwendet werden, welche jedoch Sicherheit gegenüber Angriffen mit Quantencomputern versprechen. Die für diese Verfahren notwendigen echten Zufallszahlen sollen im Projekt zur Steigerung der Sicherheit durch einen Quantum-Random-Number-Generator (QRNG) erzeugt werden. "Zusätzlich wollen wir auch die Netzwerkkommunikation, Signaturen und Datenbankverschlüsselung durch Post-Quanten-Kryptographie absichern", so Dr. Noack. Ein weiteres Ziel des Gemeinschaftsprojekts ist die Entwicklung eines quantensicheren "Single-Sign-On" Ansatzes, der den Zugriff auf verschiedene Dienste mit einer einzigen zentralen Anmeldung ermöglicht.

Zum Ende des Projekts (gestartet September 2022, Laufzeit drei Jahre) werden die digitalen Identitäten und die quantensichere Autorisierung in einem Demonstrator in einer realistischen Anwendung über bestehende Netzwerkprotokolle erprobt. Dabei werden die Fähigkeiten des entwickelten Systems mit klassischen Verfahren verglichen. Die Ergebnisse der Teilprojekte werden auch modular anwendbar sein. Dies bietet Netzwerkadministratoren und Systemverantwortlichen die Möglichkeit, entweder das gesamte System oder nur Teilaspekte zu integrieren.

Souveräne Informationssicherheit

Durch die Konzeptentwicklung in Deutschland werde die Souveränität mit Blick auf die Sicherheit nationaler informationstechnischer Systeme gestärkt, betont das Fraunhofer IPMS. Vor diesem Hintergrund ergäbe sich ein besonders hohes Marktpotenzial der Projektlösung in hochsensiblen Bereichen und kritischen Infrastrukturen wie im Bereich der Banken, Versicherungen, Unternehmen des Gesundheitsbereiches sowie Behörden und staatlichen Einrichtungen. Gerade diese Marktteilnehmer sind darauf angewiesen, hohe Sicherheitsstandards zu erfüllen, da sie vielfach immer komplexer werdenden Angriffsstrukturen ausgesetzt sind. Um die Verwertung des Quantenzufallsgenerators zu unterstützen, wird zudem eine Zertifizierung durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) angestrebt.

Motivation des Konsortiums ist es, ein interdisziplinäres Projektteam aufzubauen, Partnerschaften in Deutschland für Gesamtlösungen zu etablieren und Absicherungstechnologien gegen Angriffe mit Quantencomputern jedermann zugänglich zu machen. "Mit diesem Projekt wollen wir die Grundlage für interdisziplinäre Kooperationen zur effizienten Realisierung von Quantensicherheit in Deutschland schaffen", so der Gruppenleiter des Fraunhofer IPMS. Die daraus entstehende quantensichere Version von OpenID Connect soll der Allgemeinheit für geringe Kosten als Open-Source-Bibliothek zugänglich gemacht werden.

Quant-ID soll also die Grundlage für einen hochsicheren Schutz in kritischen Infrastrukturen in einer End-to-End-Lösung in Deutschland schaffen. Durch den Use Case "Quantensichere eID" wird das Sicherheitsniveau gegen Cyberangriffe für alle ansässigen Unternehmen und staatlichen Einrichtungen erhöht. Gleichzeitig wird eine Grundlage für die langfristige Sicherheit von Identitätsdaten und anderen sensiblen Daten deutscher Bürger geschaffen. "Das Projekt verfolgt über diesen Weg den Ansatz, die ethischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Werte Deutschlands früh genug vor fremden staatlichen und kriminellen Angriffen zu schützen", so Dr. Alexander Noack abschließend. Die internationale Positionierung als deutsches Konsortium in einer neu zu schaffenden öffentlichen OpenID-Working-Group mit dem Ziel der Definition von "OpenID-Quantum" garantiert außerdem den parallelen Anschluss an internationale Standardisierungsvorhaben.