Wie definieren Sie den Begriff „SaaS“?
Oliver von Ameln:„Software as a Service“ ist eine von vielen Möglichkeiten, das Internet zu nutzen in dem eine Software über das „Netz“, auch als „Cloud“ bezeichnet, zur Verfügung gestellt wird. Eigentlich nichts Neues, das gibt es streng genommen schon seit den 70ern. Aber jetzt macht es mehr Sinn und Spaß, weil das World Wide Web kaum noch Geschwindigkeitsnachteile mit sich bringt.
Welchen Nutzen haben Saas-Lösungen im Allgemeinen und für Versicherungen im Besonderen?
Oliver von Ameln: Den Hauptnutzen entfaltet SaaS sicherlich auf der Kostenseite. Mit der richtigen Strategie können die TCO (Total Costs of Ownership), massiv gesenkt werden. Als Eigentümer eines unternehmenseigenen Rechenzentrums sind Abschreibungen und Betriebskosten enorm; das Personal ist entweder unausgelastet oder überfordert, regelmäßig neue technische und regulatorische Änderungen erfordern dauerharte Weiterbildung und –Entwicklung. Der eigene RZ-Betrieb ist heute nur noch für Organisationen mit über 100.000 Mitarbeitenden wirtschaftlich sinnvoll darstellbar. Darunter fällt die Rechtfertigung schwer, wenn die Qualität des Betriebs dem Wettbewerb standhalten soll.
Für Versicherungen gilt: Die Auslastungsamplituden und somit die nötige IT-Kapazität sind relativ hoch. Das Wechselgeschäft zum Jahresende in der Kfz-Versicherung, die Beitragsanpassungen in der Lebensversicherung mit hohen Rechenleistungen oder die periodisch eintreffenden Leistungsanträge in der Lebensversicherung: Teilweise wird die im Vergleich zum Jahresdurchschnitt hundertfach erhöhte Performance notwendig. Wenn die Serverfarm dann in 90 Prozent des Jahres nur im Standgas läuft, ist das unter Earned-Value-Management-Gesichtspunkten ruinös. Und das in einer Zeit, in der das versicherungstechnische Ergebnis immer wichtiger wird, da kaum Anlageerträge zu erzielen sind.
Ein weiterer Punkt im Kontext von Compliance und Regulatorik ist die Möglichkeit, den Versicherungsaufsichtlichen Anforderungen an die IT (VAIT) mit externer Hilfe im größtmöglichen Umfang gerecht zu werden. In §27 findet sich dort zum Thema Informationssicherheit, mindestens den „Stand der Technik“ umzusetzen. Grundsätzlich lässt sich wohl sagen, dass ein spezialisierter Dienstleister über geeignetere Prozesse und Mittel verfügt, Compliance und Regulatorik zu entsprechen, als das im In-House-Betrieb effizient möglich ist. Der Servicenehmer bleibt aber in der Pflicht, dieses sicherzustellen!
Welche Fragen muss, welche Fragen sollte ein Versicherer einem Saas-Dienstleister stellen?
Oliver von Ameln: Hinsichtlich Regulatorik muss der Servicegeber die Fragen der Eiopa-Checkliste für die Auslagerung in die Cloud beantworten!
Auch die Portierbarkeit der Anwendungen muss auf allen Ebenen, auch bezogen auf Betriebssysteme und Middleware, besprochen werden. Ein Vendor Lock-in ist unbedingt zu verhindern. Idealerweise verabreden die Vertragspartner schon vorab einen Providerwechsel mit Exit-Vereinbarung. Der Service muss komplikationslos an Dritte weitergegeben werden können. Hier bieten sich technisch virtualisierte Plattformen wie zum Beispiel „Open Shift“ auf Basis von Kubernetes an.
Zusätzlich sollte nach einer voll virtualisierten „No-Touch-Deployment-Pipeline“ gefragt werden. Der Dienstleister, der jetzt beredt antwortet, kommt in die engere Wahl.
Welche Risiken sind bei SaaS-Lösungen zu bedenken?
Oliver von Ameln: Durch den Bezug von SaaS werden Fähigkeiten ausgelagert. Es bleibt weniger Verständnis für Technologie im Unternehmen. Das heißt, es braucht im Umkehrschluss eine Innovationsabteilung, die sich mit neuen Themen beschäftigt, um den Provider anzutreiben. Providermanagement ist ein eine ernste und aufwändige Aufgabe.
Sicherlich bleiben Risiken für die Unternehmensreputation. Wenn der Servicegeber zum Beispiel durch einen Sicherheitsverstoß in die Schlagzeilen kommt. Das gilt auch dann, wenn der Provider die eigene Compliance-Strategie nicht unterstützt, nicht ausreichend nachhaltig „Green-IT“ ist oder auf andere Weise toxisch agiert. Wie bereits gesagt: Ein strategisches und professionelles Providermanagement ist unabdingbar. Das beginnt bereits bei der Auswahl eines geeigneten und seriösen Partners!
Was macht adesso insurance solutions anders als die Mitbewerber?
Oliver von Ameln: Wir haben seit der Gründung auf die Entwicklung einer möglichst perfekten Produktplattform hingearbeitet und hatten die Vision unserer „Ecosphere“, in der alle Software zusammenpasst und sich stetig weiterentwickelt. Diese Vision ist Wirklichkeit geworden.
Die meisten IT- Unternehmen benutzen Software-Rohlinge als Projektbeschleuniger. Wir möchten möglichst wenig Projektanteil, sondern streben das Ideal des „Plug & Play“ an. Das unterscheidet uns von unseren Wettbewerbern vor allem in Deutschland. Alle unsere Produkte, und mittlerweile ist die Anwendungslandschaft eines Versicherers komplett von uns realisierbar, sind releasefähig und werden code-identisch bei allen Kunden eingesetzt und ständig verbessert. Das ist ziemlich neu.
Was ist für adesso das Spannende am Bereich Versicherungen? Und welche besonderen Herausforderungen bringt das für Sie als Lösungsanbieter mit?
Oliver von Ameln: Wir lieben Versicherungen! Ihre Leser werden das verstehen. Für mich sind Versicherungen rein digitale Produkte. Eigentlich fast die ersten digitalen Produkte überhaupt. Und jetzt verschmelzen die digitalen und die realen Welten zu einem neuen Erlebnishorizont, der ausschließlich durch moderne Technologie möglich gemacht werden kann. Neuronale Netze können Kundenerwartungen entsprechen, bevor den Kunden der Bedarf bewusst war, maschinelle Lernprozesse ermöglichen Echtzeitentscheidungen für synchrone Prozesse á la Amazon & Co. Das ist aufregend, und wir haben als Technologieunternehmen mit all den Tausenden von Spezialisten das Gefühl, genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.